ePhos® – Elektrochemisches Verfahren zur Rückgewinnung von Phosphor

Aus Abwasser zurückgewonnenes Struvit kann als langsam N und P freisetzender Dünger eingesetzt werden.
© Fraunhofer IGB
Aus Abwasser zurückgewonnenes Struvit kann als langsam N und P freisetzender Dünger eingesetzt werden.

Mit dem weltweit steigenden Bedarf an Lebensmitteln wächst die Nachfrage für phosphorhaltige Düngemittel. Das vom Fraunhofer IGB entwickelte Verfahren ePhos® dient der Rückgewinnung von Phosphat und Ammonium auf kommunalen Kläranlagen. Die Stoffe werden in einem elektrochemischen Prozess als pflanzenverfügbares Ammonium-Magnesium-Phosphat (Struvit) ausgefällt. Struvit ist ein hochwertiger Langzeitdünger und kann in der Landwirtschaft direkt als Düngemittel angewandt werden.

Wesentlicher Vorteil des ePhos®-Verfahrens ist der vollständige Verzicht auf Zugabe von Chemikalien. Das zur Struvitbildung benötigte Magnesium wird mittels einer Opferanode in einer Elektrolysezelle zudosiert.

Herausforderungen

Um Phosphor (P) und Stickstoff (N) aus einer Flüssigphase (Prozess- oder Abwasser) zurückzugewinnen, bietet sich die Kristallisation als Struvit (Ammonium-Magnesium-Phosphat-Hexahydrat: NH4MgPO4*6 H2O) an. Bei der herkömmlichen Fällung von Struvit muss Magnesium als limitierender Reaktant in Form einer Lösung von MgCl2, Mg(OH)2 oder MgO zudosiert werden. Zudem muss z. B. mit Natronlauge der pH-Wert angehoben werden.

Unser Lösungsansatz

Zur Rückgewinnung von Ammonium und Phosphat aus Abwasser hat das Fraunhofer IGB einen neuartigen elektrochemischen Prozess entwickelt und patentieren lassen. Beim ePhos®-Verfahren erfolgt die Phosphatfällung elektrochemisch – unter vollständigem Verzicht auf Chemikalien.

Vorteile

ePhos-Aufstellungsplan.
© Fraunhofer IGB
Entwurf eines Aufstellungsplans für eine Kläranlage mit 500 000 EW.

Das ePhos®-Anlagenkonzept basiert auf der parallelen Serienschaltung der Elektrolysezellen. Da es sich um ein rein elektrochemisches Verfahren handelt, können die Zellen bzw. die Straßen von Zellen dem Bedarf entsprechend durch ein Prozessleitsystem zu- und abgeschaltet werden. Diese Betriebsweise und der effiziente, chemikalienfreie Betrieb stellen wettbewerbsfähige Alleinstellungsmerkmale dar.

Der Energiebedarf für das Verfahren ist vergleichsweise gering. Er ist umso geringer, je höher die Konzentration an Ionen im Abwasser ist. Bei allen bisher untersuchten Abwässern lag die erforderliche Leistung im Bereich von 0,78 Kilowattstunden pro Kubikmeter Abwasser (oder weniger).

Struvit – ein hochwertiger Dünger

Das Produkt Struvit ist in der Landwirtschaft direkt und als hochwertiger, langsam Nährstoffe freisetzendes Düngemittel einsetzbar. Struvit wurde in Topfexperimenten mit Pflanzen getestet. Ertrag und Nährstoffaufnahme der Pflanzen waren beim Einsatz von Struvit bis zu viermal höher als mit kommerziell erhältlichen Mineraldüngern (Ammoniumnitrat und Tripelsuperphosphat). Die Ergebnisse verdeutlichen, dass Struvit gut pflanzenverfügbar ist und das Wachstum der Pflanzen fördert.

Gefällte Struvitkristalle, REM-Aufnahme.
© Fraunhofer IGB
Gefällte Struvitkristalle, REM-Aufnahme.

Entwicklung

Verfahrensprinzip der elektrochemischen Struvitfällung.
© Fraunhofer IGB
Verfahrensprinzip der elektrochemischen Struvitfällung.

Verfahrensprinzip

Die elektrochemische Phosphorfällung findet in einer Elektrolysezelle statt, die aus einer inerten Kathode und einer Opferanode aus Magnesium besteht. Durch die kathodische Reduktion werden Wassermoleküle gespalten, wobei Wasserstoff (H2) und OH-Ionen gebildet werden. Die OH-Ionen erhöhen den pH-Wert des Abwassers, der bei pH 9 konstant bleibt. Hierdurch entfällt beim ePhos®-Verfahren die Einstellung des pH-Wertes durch Dosierung von Laugen für den Fällungsprozess. An der Anode findet eine Oxidation statt: Magnesiumionen gehen in Lösung und reagieren mit dem im Wasser enthaltenen Phosphor und Stickstoff zu Struvit.

Mobile Versuchsanlage zur elektrochemischen Struvitfällung.
© Fraunhofer IGB
Mobile Versuchsanlage zur elektrochemischen Struvitfällung.

Machbarkeitsstudie in Pilotanlage (1 m3/h)

Im Rahmen einer Machbarkeitsstudie wurde das Verfahren in einer Pilotanlage mit einem Durchfluss von bis zu 1 m3/h auf einer Kläranlage mit biologischer Phosphorelimination getestet. Die Phosphorkonzentration im Zentratwasser der Faulschlammentwässerung wurde von durchschnittlich 180,0 mg/L auf 20,8 mg/L reduziert. Das heißt, dass die Phosphor-Eliminationsrate bzw. Phosphor-Umsetzung zu Struvit durchschnittlich mehr als 80 Prozent betrug. Die Phosphorfracht, die bei der Rückführung des Filtratwassers nicht mehr behandelt werden muss, sinkt dabei um 37 Prozent, beträgt 9284 Kilogramm jährlich und führt zu einer Reduzierung der Schlammproduktion um 7 Prozent. Die Auslegung des Verfahrens für die Anlage des Kunden ergab, dass die elektrochemische Phosphatfällung jährlich ca. 10 Tonnen Magnesium in Form von Opferelektroden benötigte, mit denen sich ca. 73 Tonnen Struvit gewinnen ließen. Die auf der Kläranlage einzusetzende Chemikalienmenge sänke um 40 Tonnen bzw. 20 Prozent pro Jahr.

Großtechnische Umsetzung mit Flachreaktoren

Aufgrund der Quaderform der als Opferanode eingesetzten Magnesium-Barren wurde das entwickelte Reaktorkonzept von einer ursprünglich tubularen auf eine kubische Geometrie umgestellt. Mit den Erkenntnissen der ersten Pilotierung wurde das Verfahren für die großtechnische Umsetzung mit Flachreaktoren weiterentwickelt.

ePhos®-Reaktoren.
© Fraunhofer IGB
Demobetrieb: ePhos®-Reaktoren der großtechnischen Anlage, Durchfluss bis 3 m³/h.

Dauerbetrieb in großtechnischer Pilotanlage (3 m3/h)

Auf dem Betriebsgelände einer städtischen Kläranlage wurde der Dauerbetrieb einer Pilotanlage im Jahr 2017 unter realen Bedingungen mit einem Durchfluss von bis zu 3 m³/h erfolgreich erprobt. Innerhalb des Betriebszeitraums von einem Jahr konnte eine durchschnittliche Eliminationsrate von über 80 Prozent erreicht werden. Der mittlere Energiebedarf für die Behandlung von einem Kubikmeter Zentratwasser lag dabei knapp unter 0,5 kWh.

Mit den gewonnenen Erkenntnissen aus der Pilotierung wird die Technologie weiter optimiert. Eine erste großtechnische Umsetzung ist auf einer norddeutschen Kläranlage mit einem Einwohnergleichwert (EGW) von 70 000 in Vorbereitung. Sie wird dort zur Phosphatrückgewinnung aus Zentratwasser der Schlammfaulung eingesetzt.  

Markteinführung

Mit der US-amerikanischen Firma OVIVO, einem etablierten Anbieter für Ausrüstungen und Systeme der Wasserwirtschaft, haben wir einen Lizenznehmer für den Markt in den USA, Kanada und Mexiko gewinnen können.

Durch strenge Grenzwerte bei der Abwasseraufbereitung besteht hier ein großer Bedarf an effizienten Möglichkeiten zur Phosphorrückgewinnung. Kläranlagenbetreiber sind durch ePhos® in der Lage, die Abwasserreinigung mit einer wertschöpfenden Düngemittelproduktion zu verbinden.

Einsatzgebiete

Das Verfahren ist auch für die Lebensmittelindustrie und die landwirtschaftliche Biogasproduktion geeignet, deren Abwässer reich an Ammonium und Phosphat sind. Das ePhos®-Verfahren soll zudem durch weitere Prozessmodule ergänzt werden, um zukünftig auch Ammonium zurückzugewinnen.