Historie

1953 – Die Anfänge als Grenzflächeninstitut

Institutsgebäude in Marienthal.
© Fraunhofer IGB
Institutsgebäude in Marienthal.

Die Wurzeln des IGB liegen im pfälzischen Marienthal, heute ein Teilort von Kirchheimbolanden, wo 1953 das Institut für Physik und Chemie der Grenzflächen auf private Initiative gegründet wird, um sich den Grenzflächenvorgängen an pulverförmigen Festkörpern zu widmen.

1962 übernimmt die Fraunhofer-Gesellschaft das Institut, zunächst unter dem bisherigen Namen: Fraunhofer-Institut für Physik und Chemie der Grenzflächen IGf.

1969 folgt der Umzug an den Hochschulstandort Stuttgart. Prof. Dr. Karl Hamann, Leiter des Stuttgarter »Forschungsinstituts für Pigmente und Lacke e. V.«, übernimmt die kommissarische Leitung.

1976 – Erweiterung um Bioverfahrenstechnik

1976 übernimmt Dr.-Ing. Horst Chmiel die Institutsleitung.
© Fraunhofer IGB
1976 übernimmt Dr.-Ing. Horst Chmiel die Institutsleitung.
Unter neuem Namen in der Eierstraße in Stuttgart.
© Fraunhofer IGB
Unter neuem Namen in der Eierstraße in Stuttgart.
Der Neubau in Stuttgart-Vaihingen wird 1981 bezogen.
© Fraunhofer IGB
Der Neubau in Stuttgart-Vaihingen wird 1981 bezogen.

1976 wurde der in der Medizintechnik tätige Verfahrenstechniker Dr.-Ing. Horst Chmiel vom Helmholtz-Institut in Aachen Nachfolger des aus Altersgründen ausgeschiedenen Hamann. Chmiel, der 1986 zum Inhaber des Lehrstuhls für Bioprozesstechnik an der Universität Stuttgart ernannt wurde, bringt die Bioverfahrenstechnik in das Institut ein und lenkt die bestehende Arbeitsrichtung »Grenzflächen« noch stärker anwendungsorientiert in die Verfahrenstechnik. So wird die Forschung thematisch erweitert und das Institut erhält seinen heutigen Namen: Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB.

Einen neuen Schwerpunkt bildeten fortan medizinische Grenzflächenprobleme, quasi als Nahtstelle zwischen den Grenzflächen und der neuen Arbeitsrichtung Medizinische Verfahrenstechnik.

Bereits 1978 wird das heute noch zentrale Gebiet der Umweltbiotechnologie aufgebaut, um Bioprozesse zu entwickeln und zu optimieren – beispielsweise für die Gewinnung von Biogas aus landwirtschaftlichen Abfällen wie Gülle und Klärschlamm, für die Optimierung der Abwasserreinigung und für die Nutzung der Bioverfahrenstechnik zur Herstellung organischer Säuren.

1979 als Schwerpunkt »Transportvorgänge durch Membranen« vorrangig für den Bereich Medizintechnik begonnen, kann das Institut zudem die Membrantrenntechnik innerhalb weniger Jahre auf weitere Anwendungen wie Produktaufarbeitung oder Umwelttechnik ausweiten und zu einem Forschungsgebiet mit großer industrieller Relevanz entwickeln.

Mit dem Einzug in ein neues Gebäude mit modern ausgestatteten Labors in Stuttgart-Vaihingen am heutigen Stuttgarter Fraunhofer-Campus 1981, legten die Fraunhofer-Gesellschaft und das Land Baden-Württember den Grundstein zu einer fruchtbaren Kooperation der Fraunhofer-Institute zu den naturwissenschaftlichen und technischen Instituten der Universität.

Nach der Berufung Professor Chmiels 1992 an die Universität des Saarlandes wird zunächst Prof. Dr. Armin Fiechter von der ETH Zürich kommissarischer Institutsleiter. Ihm folgt Dr. Herbert Bauser, Leiter der IGB-Abteilung Grenzflächenverfahrenstechnik. In der Folge wird 1992 Dr. Christian Oehr, der die Plasmatechnik am IGB aufbaute, Abteilungsleiter.

1994 – Einzug der molekularen Biotechnologie macht IGB zu Life-Sciences-Institut

Mit Prof. Dr. techn. Herwig Brunner zieht die molekulare Biotechnologie ein.
© Fraunhofer IGB
Mit Prof. Dr. techn. Herwig Brunner zieht die molekulare Biotechnologie ein.

1994 wechselt Prof. Dr. techn. Herwig Brunner von Boehringer Mannheim als Institutsleiter an das Fraunhofer IGB. Brunner erwirkt den Aufbau eines Lehrstuhls für Grenzflächenverfahrenstechnik an der Universität Stuttgart, den er in Personalunion leitet, und der nach fünf Jahren zum Institut (IGVT) erhoben wird.

Ein Jahr später, 1995, übernimmt das Institut die Abteilung Gentechnik des damaligen Fraunhofer-Instituts für Toxikologie und Aerosolforschung ITA in Hannover, die an der rekombinanten Herstellung und dem Proteindesign von pharmazeutischen Proteinen forscht.

1998 vertieft Brunner mit der Nachwuchsforschergruppe »Proteinscreeningsysteme« (Dr. Steffen Rupp) die molekularbiologischen Kompetenzen auch in Stuttgart und mit der Nachwuchsforschergruppe »Biomimetische Grenzflächen« (Dr. Günter Tovar) baut er eine Brücke von der Biotechnologie zur Grenzflächenverfahrenstechnik. Die Nachwuchsgruppe »Proteinscreeningsysteme« wird später in die Abteilung Molekulare Biotechnologie überführt,  Dr. Günter Tovar wird zunächst Gruppenleiter in der Abteilung Grenzflächentechnologie und Materialwissenschaft, bevor er sich als stellvertretender Leiter am Institut für Grenzflächenverfahrenstechnik IGVT auf die universitäre Forschung und Lehre konzentriert.

Parallel baut Brunner die Zellbiologie am IGB konsequent zur Zellsystemforschung mit Schwerpunkt Tissue Engineering aus, deren Abteilungsleiterin 2004 Prof. Dr. Heike Walles wird. U.a. durch Kooperationen mit dem benachbarten Fraunhofer IPA treibt Brunner zudem die Verbindung von Naturwissenschaften und Ingenieurwissenschaften voran.

2007 – Aufbau von Projektgruppen, Biökonomie und Nachhaltigkeit im Fokus

Im Dezember 2007 übernimmt Prof. Dr. Thomas Hirth die Leitung des IGB.
Im Dezember 2007 übernimmt Prof. Dr. Thomas Hirth die Leitung des IGB.
Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, Prof. Dr. Thomas Hirth und Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff bei der Einweihung des Fraunhofer CBP 2012.
Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, Prof. Dr. Thomas Hirth und Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff bei der Einweihung des Fraunhofer CBP 2012.

Am 1. Dezember 2007 übernimmt Prof. Dr. Thomas Hirth, der vom Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT kommt, die Leitung des IGB und richtet es auf die Geschäftsfelder Medizin, Pharmazie, Chemie, Umwelt und Energie aus. Mit seinem Netzwerk in der industriellen Biotechnologie bringt er die stoffliche Nutzung nachwachsender Rohstoffe, ein Thema, an dem das IGB in den Grundzügen schon in der Vergangenheit forschte, an das IGB zurück. Gleichzeitig verankert er die Themen Bioökonomie und Nachhaltigkeit am IGB, in der Fraunhofer-Gesellschaft und ebenso in der baden-württembergischen, bundesdeutschen und europäischen Forschungspolitik. Darüber hinaus dehnte Hirth mit Projektgruppen zur Onkologie, zur Chemo- und Biokatalyse und einem Fraunhofer-Zentrum für Chemisch-Biotechnologische Prozesse die Wirkungsstätten auf die Standorte Würzburg, Straubing und Leuna aus.

Als die Fraunhofer-Gesellschaft 2009 die Technologieentwicklungsgruppe (TEG) schließt, wird die Abteilung Physikalische Prozesstechnik unter Leitung des Verfahrenstechnikers Siegfried Egner in das IGB integriert.

Im Juli 2009 stimmt der Bund-Länder-Ausschuss der Einrichtung eines Chemisch-Biotechnologischen Prozesszentrums (Leitung: Gerd Unkelbach) in Leuna, Sachsen-Anhalt, zu, der Spatenstich folgt im Dezember 2010.

Am 1. August 2009 nehmen die Projektgruppen BioCat (Leitung: Prof. Dr. Volker Sieber) und Onkologie (Leitung: Prof. Dr. Heike Walles) ihre Arbeit in Straubing bzw. Würzburg auf.

2011 tritt Dr.-Ing. Ursula Schließmann die Nachfolge von apl. Prof. Dr. Walter Trösch als Leiterin der Abteilung Umweltbiotechnologie und Bioverfahrenstechnik an.

Am 2. Oktober 2012 weiht Bundeskanzlerin Angela Merkel das Fraunhofer CBP in Leuna ein. Das CBP ermöglicht es erstmals, die stoffliche Nutzung nachwachsender Rohstoffe schneller in die industrielle Anwendung zu überführen. In der deutschen und europäischen Bioökonomie-Forschung nimmt es seitdem eine Schlüsselstellung ein.

Seitens der Universität wird mit dem Jahreswechsel 2012/2013 das Institut für Plasmaforschung in das IGVT integriert. Mit dem neuen Institut für Grenzflächenverfahrenstechnik und Plasmatechnologie IGVP werden die Plasmaaktivitäten in Stuttgart gebündelt und die Wurzeln des IGB gekräftigt.

Mit einem Festsymposium feiert das Fraunhofer IGB am 25. September 2013 sein 60-jähriges Bestehen.

2013 übernehmen Prof. Dr. Katja Schenke-Layland und Prof. Dr. Petra Kluger die Leitung der Abteilung Zellsysteme von Prof. Walles, die sich nach Bewilligung eines Translationszentrums für Medizinprodukte und regenerative Therapien auf Würzburg fokussiert.

2014 werden alle drei Projektgruppen – in Leuna, Straubing und Würzburg – nach Ablauf der Anschubfinanzierungen durch die jeweiligen Länder und jeweils erfolgreicher Evaluierung in die Bund-Länder-Finanzierung der Fraunhofer-Gesellschaft überführt und damit zu dauerhaften Institutsteilen des Fraunhofer IGB.

Mitte Juli 2015 wird dank zusätzlicher Mittel Bayerns der Würzburger Institutsteil Teil des neuen Translationszentrums »Regenerative Therapien für Krebs- und Muskuloskelettale Erkrankungen«.

2018 – Strategische Neuaufstellung »Nachhaltige Technologien für einen gesunden Menschen in einer gesunden Umwelt«

Seit März 2018 ist Dr. Markus Wolperdinger Institutsleiter des IGB.
© Frank Kleinbach / Fraunhofer IGB
Seit März 2018 ist Dr. Markus Wolperdinger Institutsleiter des IGB.
Nach einer Neuausrichtung konzentriert sich das IGB auf die Geschäftsfelder Gesundheit, Nachhaltige Chemie und Umwelt.
Nach einer Neuausrichtung konzentriert sich das IGB auf die Geschäftsfelder Gesundheit, Nachhaltige Chemie und Umwelt.

Nach dem Wechsel Hirths zum Karlsruher Institut für Technologie KIT zum Jahreswechsel 2015/2016 übernehmen zunächst Prof. Dr. Katja Schenke-Layland und Hon.-Prof. Dr. Christian Oehr die kommissarische Institutsleitung.   

Mit Wirkung zum 1. März 2018 übernimmt Dr. Markus Wolperdinger die Leitung des Fraunhofer IGB.

In einem umfassenden Strategieprozess stellt er das Institut gemäß der Vision »Wir verbinden Biologie und Technik« neu auf. Dabei baut er auf die verfahrenstechnischen Wurzeln des Instituts und der am IGB über viele Jahre gewachsenen Fähigkeit zur Verknüpfung biologischer und verfahrenstechnischer Kompetenzen, vor allem innerhalb des IGB-Leitthemas Bioökonomie. Organisatorisch werden die Themen in standortübergreifenden Innovationsfeldern gebündelt.

Das Leistungsangebot und die vielfältigen Themen des IGB fokussieren auf die Geschäftsfelder »Gesundheit«, »Umwelt« und »Nachhaltige Chemie«.

Als Leitplanke dient die neue Mission: »Mit unserer kunden- und anwendungsorientierten Forschung entwickeln wir biotechnologische Verfahren zur ressourcenschonenden Herstellung von Produkten für eine nachhaltige Wirtschaft sowie Technologien für den Erhalt der Gesundheit der Menschen in einer gesunden Umwelt – kurz: Wir entwickeln nachhaltige Technologien für einen gesunden Menschen in einer gesunden Umwelt.«

Am 3. Mai 2018 stellen Fraunhofer-Gesellschaft und Universität Stuttgart das »Leistungszentrum Mass Personalization« geladenen Gästen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik vor.

Am 9. Januar 2019 übergibt Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger einen Förderbescheid in Höhe von rund fünf Millionen Euro für den Aufbau eines Labors für technische Biopolymere am Straubinger Institutsteil Bio-, Elektro- und Chemokatalyse BioCat des Fraunhofer IGB.

Am 15. Mai 2019 überreichen Dr. Markus Wolperdinger und Prof. Thomas Bauernhansl bei der ersten Konferenz Biointelligente Produkte und Produktion des »Kompetenzzentrums Biointelligenz« ein White Paper zur Biointelligenten Wertschöpfung an die Politik.

Am 21. Mai  2019 wird im Rahmen eines feierlichen Festakts an der Hebrew University of Jerusalem das »Fraunhofer Project Center for Drug Discovery and Delivery at The Hebrew University of Jerusalem« eröffnet, mit dem das Fraunhofer IGB seine Kooperation mit Israel verstetigt.

Mit Unterzeichnung des Kooperationsvertrags im Februar 2020 wird die langjährige Zusammenarbeit zwischen der Fraunhofer-Gesellschaft und der südafrikanischen Stellenbosch University in die »Fraunhofer Innovation Platform for the Water-Energy-Food Nexus at Stellenbosch University« (FIP-WEF@SU) überführt.

Die Übergabe des Zuwendungsbescheids durch das Ministerium am 4. März 2020 markiert den Startschuss für das Hydrogen Lab Leuna, eine Elektrolysetest- und -versuchsplattform, mit der Skalierungsplattform Hy2Chem in Leuna.

Am 21. Mai 2021 nimmt das Hydrogen Lab Leuna als erste Pilotanlage für Test und Skalierung der dazu notwendigen Elektrolysesysteme, die vollständig in einen Chemiepark integriert ist, ihren Betrieb auf.

Am 3. März 2022 gibt das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg bekannt, welche Projekte den Zuschlag für eine Förderung über das EFRE-BW-Programm »Bioökonomie Bio-Ab-Cycling« erhalten. An allen fünf geförderten Bioraffinerie-Projekten zur Nutzung von Abfall und Abwasser als Ressource ist das Fraunhofer IGB beteiligt, an drei Projekten in Federführung.

Am 2. Dezember 2022 übergibt die Fraunhofer-Gesellschaft die Roadmap »Zirkuläre Bioökonomie für Deutschland« an Vertreter des Forschungs- und Wirtschaftsministeriums. Mit der Roadmap zeigt Fraunhofer Potenziale der Bioökonomie auf und präsentiert Handlungsempfehlungen für die Politik.

Im Jahr 2023 feiert das Fraunhofer IGB sein 70-jähriges Jubiläum.