Bioorganische Chemie

In Zeiten des Rohstoffwandels die Produkte von morgen zu entwickeln, hat sich das Straubinger Innovationsfeld Bioinspirierte Chemie auf die Fahnen geschrieben, in dem auch das Themenfeld der Bioorganischen Chemie angesiedelt ist.

 

Vorbild Natur

Die Idee hinter beiden Ansätzen ist die gesteuerte Nutzung exklusiv in der Natur vorkommender molekularer Funktionalitäten für neue Syntheserouten zu innovativen grünen Fein- und Spezialchemikalien, Funktionsmaterialien sowie biobasierten Polymeren (Abbildung).

Enzyme – Natürliche Katalysatoren für Fein- und Spezialchemikalien

Neben klassischen chemo-enzymatischen Synthesen beschäftigen wir uns auch mit der Suche nach neuen Enzymaktivitäten. So können wir bekannte Enzyme durch Enzyme mit verbesserten Eigenschaften ersetzen und damit Synthesen optimieren, aber auch völlig neue Enzymaktivitäten identifizieren und neue Syntheserouten und -produkte ableiten. So konnten wir beispielsweise ein Screening-Verfahren für Methyltransferasen etablieren, eine Enzymklasse, welche z. B. im Bereich Wirkstoffsynthese eine wichtige Rolle spielen kann. Das Verfahren ermöglichte uns, bislang unbekannte Enzymaktivitäten für verschiedene Substrate aufzudecken.

 

Funktionsmaterialien mit naturgegebenen Eigenschaften

Im Bereich der Funktionsmaterialien kommen sowohl Biomasse(reststoffe) als auch gezielt hergestellte Proteine mit spezifischen Eigenschaften als Ausgangsmaterialien in Frage. Hier ist unser Ziel, die im natürlichen Ausgangsstoff vorhandenen funktionalen Eigenschaften (Information) zu erhalten und in das Endprodukt zu übertragen. Das ermöglicht uns, völlig neuartige Materialien zu entwickeln oder auch Oberflächen gezielt zu modifizieren. Für wasserabweisende Textilien konnten wir beispielsweise erfolgreich hydrophobe Proteine einsetzen.

Leistungen

Chemo-enzymatische Syntheserouten

  • Nutzung von Biomasse
  • Entwicklung kombinierter Syntheserouten
  • Enzymauswahl und -screening
  • Optimierung von Enzymen und Enzymreaktionen
  • Ersatz klassischer Synthesen (Feinchemikalien)
  • Enantiomerenreine Produktsynthese (Wirkstoffe)

 

Funktionsproteine: Proteine in der Material- und Anwendungsentwicklung

  • Physikalische Oberflächenfunktionalisierung
  • Funktionale Proteine zur spezifischen Bindung

Publikationen

Hadas Simon-Baram, Steffen Roth, Christina Niedermayer, Patricia Huber, Melanie Speck, Julia Diener, Michael Richter, Shimon Bershtein. A High-Throughput Continuous Spectroscopic Assay to Measure the Activity of Natural Product Methyltransferases, ChemBioChem 2022, e202200162, https://doi.org/10.1002/cbic.202200162

Subrizi, F., Wang, Y., Thair, B., Méndez-Sánchez, D., Roddan, R., Cárdenas-Fernández, M., Siegrist, J., Richter, M., Andexer, J. N., Ward, J. M., Hailes, H. C. Multienzyme One-Pot Cascades Incorporating Methyltransferases for the Strategic Diversification of Tetrahydroisoquinoline Alkaloids. Angew. Chem. Int. Ed., 2021, 60, 18673, https://doi.org/10.1002/anie.202104476.

Richter, M., Vieira, L., Sieber, V. Sustainable Chemistry – An Interdisciplinary Matrix Approach. ChemSusChem, 2021, 14, 251, https://doi.org/10.1002/cssc.202001327.

Hofer, M., Diener, J., Begander, B., Kourist, R., Sieber, V. Engineering of a borneol dehydrogenase from P. putida for the enzymatic resolution of camphor. Appl Microbiol Biotechnol. 2021,1053159–3167, https://doi.org/10.1007/s00253-021-11239-5.

Roth, S., Funk, I., Hofer, M., Sieber, V. Chemoenzymatic Synthesis of a Novel Borneol‐Based Polyester. ChemSusChem, 2017, 10(18), 3574-3580, https://doi.org/10.1002/cssc.201701146.

Hofer, M., Strittmatter, H., Sieber, V. Biocatalytic Synthesis of a Diketobornane as a Building Block for Bifunctional Camphor Derivatives. ChemCatChem, 2013, 5(11): p. 3351-3357, https://doi.org/10.1002/cctc.201300344.

Reiter, J., Strittmatter, H., Wiemann, L.O., Schieder, D., Sieber, V. Enzymatic cleavage of lignin β-O-4 aryl ether bonds via net internal hydrogen transfer. Green Chemistry, 2013, 15(5): p. 1373-1381, https://doi.org/10.1039/C3GC40295A.

Referenzprojekte

 

April 2018 – März 2021

BioDiMet –

Selektive nachhaltige Methylierung zur diversitätsorientierten Synthese bioaktiver Stoffe

Ziel des BioDiMet‑Projekts ist die Entwicklung einer robusten und einfachen biokatalytischen Methyltransferase‑Toolbox, die für die selektive Synthese neuartiger bioaktiver Stoffe oder ihrer Vorstufen im industriellen Umfeld eingesetzt werden kann.  

 

Januar 2016 – April 2018

Hydrophobe Proteine

zur Oberflächenfunktionalisierung

Wissenschaftler entwickeln ein natürliches Ausrüstungsmittel auf Basis von Proteinen entwickeln. Das Ausrüstungsmittel soll Textilien wasser- und schmutzabweisende Eigenschaften verleihen und dabei völlig auf für Mensch und Umwelt bedenkliche Chemikalien (Fluorcarbone) verzichten.

 

 

Juli 2013 – Dezember 2016

Lignoplast –

Funktionalisierte Ligninspaltprodukte als Synthesebausteine

Verfahren für die Chemieindustrie, um Kunststoffe aus Holz herzustellen. Als Basis dienen in verholzter Biomasse enthaltene Lignine. Mithilfe basenkatalytischer Spaltung werden diese organischen Verbindungen in Phenolderivate zerlegt, die wiederum zu hochwertigen Polyurethan-Schäumen oder zu Polyolen für Polyurethan-Beschichtungen von Langzeitdüngern weiterverarbeitet werden.

 

Januar 2016 – Dezember 2017

Bi-Amin –

Amine nachhaltig produziert

Amine werden in einer großen Vielfalt als Bausteine für Agro- und Pharmachemikalien sowie für Tenside, Beschichtungen und Schmierstoffe hergestellt. Das IGB sucht nach biotechnologischen Reaktionsrouten und Katalysatoren, die die Produktionsverfahren nachhaltiger gestalten können.  Ziel des Projektteams ist, enzymatische Reaktionsrouten für die Biosynthese von Aminen zu entwickeln.

 

April 2019 – Dezember 2022

KERAbond –

Spezialchemikalien aus maßgeschneiderten funktionalen Keratin-Proteinen

Kunststoffe und Spezialchemikalien sind heute allgegenwärtig und in vielen Bereichen nicht ersetzbar. Für deren Grundbausteine werden bisher meist fossile Quellen erschlossen. Einen neuen Weg schlagen die Henkel AG & Co. KGaA und das Fraunhofer IGB ein, indem sie auf Keratin, den Hauptbestandteil tierischer Federn, als biopolymeren Rohstoff setzen.

Weitere Projekte

 

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